Mit Hochsensibilität umgehen: Praktische Tipps für Eltern hochsensibler Kinder

Im abschließenden Teil dieser Blogartikel-Reihe über hochsensible Kinder, stellen wir dir verschiedene praktische Tipps vor, um die vielfältigen Herausforderungen im Alltag mit deinem hochsensiblen Kind zu bewältigen und seine Bedürfnisse optimal zu erfüllen.

Bitte beachte, dass nicht alle beschriebenen Punkte auf jedes hochsensible Kind zutreffen. Die Ausprägung der Hochsensibilität kann individuell variieren.

1. Dein Kind ist auf Feinheiten fixiert

Die Fokussierung auf Feinheiten kann eine wunderbare Eigenschaft sein, da hochsensible Kinder oft Details bemerken, die anderen entgehen. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihnen, die Schönheit in kleinen Dingen zu erkennen und tiefe Verbindungen zu ihrer Umgebung aufzubauen. Beispielsweise können sie subtile Veränderungen in der Stimmung anderer wahrnehmen und einfühlsam darauf reagieren, was zu tieferen zwischenmenschlichen Beziehungen führen kann.

Jedoch kann diese Sensibilität für Feinheiten auch belastend sein, da hochsensible Kinder sich leicht von sensorischen Reizen überwältigt fühlen können. Laute Geräusche, kratzende Kleidung oder bestimmte Lebensmittel können sie stark stören, was zu Stress und Überstimulation führen kann und in emotionalen Ausbrüchen oder Rückzug resultieren kann.

Wie kannst du als Elternteil mit solchen Herausforderungen umgehen?

  • Vertraue deinem Kind. Wenn es sagt, dass etwas unangenehm ist, dann ist es das auch, selbst wenn du es anders empfindest.

  • Erkläre deinem hochsensiblen Kind, dass du seine Empfindungen verstehst und wann diese enden werden. Zeige Verständnis, wenn du nicht in der Lage bist, das Problem zu lösen und erkläre die Gründe dafür.

  • Halte an deinen Vorstellungen von Höflichkeit und angemessenem Verhalten in der Öffentlichkeit fest. Emotionen können auch für Erwachsene überwältigend sein. Wenn dein Kind sich wegen einer vermeintlichen "Kleinigkeit" aufregt, sei geduldig und tröste es. Sprich danach ruhig mit ihm über die Situation und wie sie in Zukunft besser bewältigt werden kann.

  • Stärke die Eigenverantwortlichkeit deines Kindes, indem du es ermutigst, selbst Lösungen zu finden. Wenn es beispielsweise bei der Kleidung wählerisch ist, lass es seine Kleidung selbst aussuchen.

2. Dein Kind ist schnell überreizt

Überstimulation kann bei hochsensiblen Kindern durch Veränderungen, anstrengende Tage oder eine Überflutung mit Lärm und visuellen Reizen auftreten. Stell dir vor, dass dein Kind zu Beginn des Tages wie ein voller Tank ist, gefüllt mit dem Neurotransmitter Serotonin; jede verarbeitete Erfahrung zieht Energie ab, ähnlich wie jeder gefahrene Kilometer Treibstoff verbraucht.

Was kannst du tun, wenn dein Kind schnell überreizt ist?

  • Lerne, die Anzeichen für Überstimulation schnell zu erkennen. Sie können unterschiedlich sein, aber oft zeigen sie sich durch Übererregung, Reizbarkeit, Erschöpfung, Aufsässigkeit, Weinen oder die Ablehnung von Nahrung, obwohl das Kind hungrig sein müsste.

  • Reduziere unnötige Reize, besonders wenn dein Kind später noch weiteren Stimuli ausgesetzt sein wird, z. B. wenn ihr einkaufen geht.

  • Bitte andere, die Reizüberflutung deines Kindes im Tagesverlauf zu berücksichtigen, besonders wenn es zeitweise in der Obhut anderer ist. Informiere dich darüber, was dein Kind in deiner Abwesenheit erlebt hat und reflektiere, wie viel Energie ihm noch zur Verfügung steht.

3. Dein Kind zeigt tiefe innere Reaktionen

Bei hochsensiblen Kindern können Reaktionen auf neue Situationen zunächst sehr intensiv sein, aber mit zunehmender Vertrautheit mit den Bedingungen lässt die Intensität nach. Sie verarbeiten alles intensiver und reagieren entsprechend emotional stärker. Je intensiver eine neue emotionale Situation erlebt wird und das Kind sich ihrer Bedeutung und Folgen bewusst wird, desto stärker ist die Wirkung. Es empfindet also nicht nur mehr Glück, Freude und Zufriedenheit, sondern auch mehr Unbehagen und Trauer.

Wie kannst du mit starken Gefühlen deines Kindes umgehen?

  • Reflektiere deine eigenen Umgangsweisen mit Gefühlen und überlege, welche Art des Umgangs du dir für dein Kind wünschst. Betrachte verschiedene Gefühle wie Trauer, Angst, Liebe, Glück, Wut und gespannte Erwartungen. Hast du als Kind gelernt, bestimmte Gefühle zu unterdrücken? Vermittelst du deinem Kind ähnliche Zurückhaltung?

  • Informiere dich über "emotionale Intelligenz". Ein empfehlenswertes Buch ist beispielsweise "Wie anstrengende Kinder zu großartigen Erwachsenen werden: Der Erziehungsratgeber für besonders geforderte Eltern" von Dr. Mary Sheedy Kurcinka. Sie empfiehlt, dein Kind zuerst seine Gefühle ausdrücken zu lassen, bevor du es für sein Verhalten kritisierst. Hilf deinem Kind dabei, sich selbst zu beruhigen und achte auf die emotionalen Signale, die es dir gibt, um ihm besser helfen zu können, seine Gefühle zu verstehen.

  • Führe offene Gespräche mit deinem hochsensiblen Kind über Gefühle. Es ist wichtig, dass hochsensible Kinder lernen, ihre Gefühle zu benennen und ihre Ursachen zu verstehen, um mit ihrem inneren Erleben umgehen zu können. Teile mit deinem Kind, wie du selbst mit ähnlichen Gefühlen umgehst, um ihm dabei zu helfen, seine eigenen Emotionen zu verstehen und zu kontrollieren.

4. Bewusstsein für die Gefühle anderer

Menschen sind soziale Wesen. Eine Person, die ein ausgeprägtes Gespür für Feinheiten hat und zusätzlich über ein intensives Gefühlsleben verfügt, ist also sehr schnell in der Lage, auch die Empfindungen anderer deutlich wahrzunehmen. Diese Fähigkeit macht dein hochsensibles Kind besonders empathisch und einfühlsam.

Wie kannst du unterstützen, dass dein Kind von seinem feinen Gespür profitiert?

  • Belaste dein Kind nicht zu sehr mit deinen eigenen Sorgen und vermeide es, andere in seinem Beisein zu verurteilen. Zeige ihm stattdessen, wie man Mitgefühl und Verständnis für andere aufbringt.

  • Ermutige dein Kind dazu, seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen und zu artikulieren. Stärke sein Selbstbewusstsein, indem du ihm erlaubst, so viele Entscheidungen wie möglich selbst zu treffen. Dies hilft ihm, seine individuelle Persönlichkeit zu entfalten und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit zu entwickeln.

  • Achte darauf, dass die Wünsche aller Familienmitglieder angehört und möglichst gleichrangig behandelt werden. Dadurch lernt dein Kind, die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen und Konflikte auf konstruktive Weise zu lösen.

5. Anderssein erregt Aufmerksamkeit

Eine zusätzliche Herausforderung im Umgang mit einem hochsensiblen Kind betrifft nicht direkt den Wesenszug selbst, sondern vielmehr die Reaktionen anderer darauf. Es ist menschlich, dass wir bei Personen, die anders sind, schnell dazu neigen, sie entweder als überlegen oder unterlegen einzustufen, ob wir zu ihnen aufblicken oder sie herabsetzen sollten. Dies ist eine Realität, der jedes "andersartige" Kind früher oder später gegenübersteht. Dennoch gibt es auch hier genügend Vorteile zu bedenken, wie wir bereits in unseren vorherigen Blogartikeln erläutert haben.

Was kannst du tun, um dein hochsensibles Kind den Rücken zu stärken?

  • Prüfe deine eigene Einstellung zu diesem Wesenszug.

  • Spreche mit deinem Kind über sein Temperament. Benenne die Herausforderungen, die mit der Hochsensibilität einhergehen und weise auch auf die Vorzüge und Stärken hin.

  • Überlege, wie du auf Bemerkungen von anderen reagieren willst, vor allem wenn dein Kind dabei ist. Wenn du dir ein paar fachkundige und clevere Antworten überlegst, bist du auf diesem Gebiet praktisch unbesiegbar, da die meisten Leute so gut wie nichts davon verstehen.

  • Wenn dein Kind alt genug ist, um ein bisschen mehr von Kultur und Psychologie zu verstehen, erkläre ihm, woher Reaktionen anderer auf Hochsensibilität ruhen.

  • Schirme dein Kind vor unangebrachter Aufmerksamkeit, Lob oder Mitleid ab. Hin und wieder kommt es vor, dass bestimmte Leute die Sensibilität deines Kindes besonders loben oder Mitleid empfinden.


Insgesamt bietet die Auseinandersetzung mit der Hochsensibilität deines Kindes eine Chance zur persönlichen Entwicklung und Stärkung der Familienbindung. Indem du die spezifischen Bedürfnisse deines hochsensiblen Kindes verstehst und darauf eingehst, legst du den Grundstein für eine unterstützende und einfühlsame Umgebung. Sei geduldig mit dir selbst und deinem Kind während dieses Prozesses. Mit einer wohlwollenden Einstellung und praktischen Strategien kannst du das Leben mit einem hochsensiblen Kind zu einer bereichernden Erfahrung machen, die nicht nur das Wohlbefinden deines Kindes, sondern auch das der gesamten Familie fördert.

Zurück
Zurück

Die Veränderungskurve: So überwindest du Widerstand und bewältigst Emotionen

Weiter
Weiter

Die Seele hochsensibler Kinder: Entdecke ihre einzigartige Persönlichkeit